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  • AutorenbildNorbert Gescher

BAG: Umkleide- und Duschzeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit

Die Parteien streiten über Vergütung für Umkleide-, Körperreinigungs- und Wegezeiten.

Der Kläger arbeitet als vollzeitbeschäftigter Containermechaniker bei der Beklagten. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 2009 finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten des Speditions-, Transport- und Logistikgewerbes in Bayern in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Ferner existiert eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Allgemeine Arbeitsordnung“ vom 22. Januar 2008 (GBV). Nach deren Nr. 5 richtet sich die Dauer der Arbeitszeit nach den gesetzlichen, tariflichen und einzelvertraglichen Bestimmungen sowie Betriebsvereinbarungen und die Mitarbeiter müssen sich zum jeweils festgelegten Arbeitsbeginn in Arbeitskleidung am Arbeitsplatz befinden. Zudem besteht eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der betrieblichen Arbeitszeiten vom 31. März 2004. Unter Nr. 5 Abs. 7 BV ist bestimmt, dass die tägliche Arbeitszeit mit Abschluss der jeweils zugeteilten Arbeit oder der entsprechenden Anweisung des Vorgesetzten endet.

 

Ein Arbeitstag des Klägers gestaltet sich wie folgt: Nach Betreten des Betriebsgeländes begibt er sich zu dem Gebäude, in welchem sich der Umkleideraum mit den Duschen, das Zeiterfassungsterminal und sein Arbeitsplatz befinden. Im ersten Stock zieht er die von der Beklagten gestellte Arbeitskleidung an und verstaut seine private Kleidung im Spind. Danach geht er die Treppe ins Erdgeschoss hinunter, wo sich wenige Meter entfernt das Zeiterfassungsterminal befindet. Dort loggt sich der Kläger ein und gibt weisungsgemäß die von der Beklagten bestimmte Uhrzeit des Schichtbeginns ein. Nach der Arbeit begibt er sich zurück zum Umkleideraum und wäscht oder duscht sich. Die verunreinigte Arbeitskleidung lässt er auf Anweisung der Beklagten im Betrieb zur Reinigung. Danach begibt er sich zum Zeiterfassungsterminal und gibt weisungsgemäß die von der Beklagten bestimmte Uhrzeit des Endes der Schicht ein. Dann verlässt er den Betrieb.

 

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst für den Zeitraum von Januar 2017 bis August 2020 die Zahlung von Vergütung für Umkleide-, Körperreinigungs- und Wegezeiten iHv.18.242,56 Euro brutto geltend gemacht. Nach mehrfacher Klageerweiterung hat er vorinstanzlich zuletzt die Zahlung von Vergütung für Januar 2017 bis April 2022 i.H.v. 25.554,45 Euro brutto – ausgehend von zusätzlich zu vergütender Arbeitszeit von arbeitstäglich 55 Minuten – und die Feststellung der entsprechenden Vergütungsverpflichtung der Beklagten für die Zukunft verlangt.

 

Das BAG hat das Verfahren jetzt an das LAG Nürnberg zur Durchführung der Beweisaufnahme über die Reinigungs- und Umkleidezeiten zurückverwiesen und dabei zugleich bestätigt, dass die anfallenden Umkleide- und Duschzeiten Arbeitszeit sind und als solche dem Kläger durch die Beklagte zu bezahlen sind.

 

Hinweise RA Dr. Norbert. Gescher

 

Immer wieder beschäftigten in den letzten Jahren Umkleide- und Reinigungszeiten das BAG. Die jetzige Entscheidung bestätigt dabei die bereits entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung. Danach sind Körperreinigungszeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen, wenn sie mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängen und deshalb ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dienen. Die Zeit, die dafür anzurechnen ist, kann bei entsprechendem Beweisangebot nicht geschätzt und auch nicht durch den hier kurioserweise angebotenen Selbstversuch des Richters ersetzt werden. Insofern ist jetzt eine entsprechende Beweisaufnahme nachzuholen.

 

Gericht: BAG

Az: 5 AZR 212/23

Datum:    23.4.2024

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